
"Anfangs war alles noch nett, ich ging in der Freude des fiktiven Schlachtgetümmels auf, hatte meinen Heidenspaß mit den computergesteuerten Gegnern und konnte etwaiges Unvermögen meinerseits leicht auf die unfaire und unbesiegbare Mächtigkeit der künstlichen Intelligenz schieben, was mein offensichtliches Versagen erträglich machte, wenn ich wieder mal untergegangen war. Doch dann kam die Zeit. Die Zeit, wo mehr oder weniger zufällig Personen in dein Leben treten, die dir den Schlüssel für ein Tor geben, welches ins Licht führt. Erlösung eröffnet und gleichzeitig aber das Portal der wahren Hölle symbolisiert. Die Pforte hat einen Namen. Die sogenannte Religion des virtuellen Schädelschießens. COUNTERSTRIKE. Online-Multiplayer. Gegen echte Menschen. Die ebenso hinter dem Monitor im verdunkelten Zimmerchen sitzen und sich die Genitalien reiben, wenn ihre nächste gepixelte Patrone ihr Ziel findet und irgendwo anders beim soeben erledigten Gegner die Lage eskaliert und Wutausbrüche der Sonderklasse losbrechen. Bist du deppat. Wie ein fettes, schwarzes Loch hat mich das Game in den Bann gezogen und Stunde für Stunde, Tag für Tag und Woche für Woche bin ich von der Arbeit heimgekommen, hab´ den Rechner aufgedreht und mich als Special Forces Cop oder Terrorist penetrieren lassen. Anders konnte man das keineswegs nennen, weil die ersten Wochen und Monate war ich in erster Linie nur eines: Opfer. OK, zu Beginn einer solch wertbefreiten Online-Karriere kann man damit noch halbwegs umgehen. Man ist ja der Rookie, der Newbie, der Noob. Noob war überhaupt das Schlimmste. Ich hab´ es im Chat auf diversesten Servern häufig gelesen und die haben nicht immer von den anderen gesprochen. Tjo. Aber jeder der mich halbwegs kennt weiß um die Tatsache Bescheid, dass ich nicht gerade zu der Kategorie Humanoid gehöre, welche mit solchen Fakten harmlos umgehen kann, um sich dann mit einem Lächeln auf den Lippen für die Demütigung zu bedanken, sich zu verabschieden und aus dem Spiel auszusteigen. Nie im Leben. Ja, es hat mich mental schon gefordert. Davon kann ich mich wirklich nicht freisprechen. Und statt einfach diese Geißel vom Rechner zu löschen, um mich fortan wieder geistig befreit durch die Welt zu bewegen, bin ich reingekippt. Schwerstens..."